Heute gibt es nach wirklich langer Zeit wieder einen Post aus der Rubrik "Nachgedacht". Ich möchte mich zu einem Thema äußern, was ich in den letzten Wochen immer mal wieder auf Blogs aufgeschnappt habe und zu dem es nun auch schon einige Wortmeldungen "prominenter" Modebloggerinnen gibt. Es geht um Reichweite, Follower und die Aussagekraft dieser Zahlen. Meist wird man als Blogger von Agenturen, Firmen oder anderen Bloggern nach dem Kennenlernen sofort nach seiner Anzahl von Lesern gefragt, inzwischen kommen noch diejenigen aus den Social Media-Kanälen wie Instagram und Facebook dazu.
Angestoßen wurde das Thema
im Sonntagspost von Angela von
The 3rd Voice, die offenbart hat, dass sie schon mal kurz davor war, sich Follower zu kaufen, weil sie im Vergleich zu neu gegründeten Blogs wesentlich weniger hatte. Da sie sich vorgenommen hatte, von ihrem Blog zu leben, traf es sie hart, als plötzlich Anfragen ausblieben. Und ich möchte sagen, dass ich ihren Blog schon zu "den Großen" zähle - wenn selbst sie das so empfindet bzw. gesagt bekommt, dann gibt mir das schon zu denken.
Aufgegriffen hat das Thema auch Maria von
Masha Segdwick, die für mich aktuell eine der
deutschen Bloggerinnen du jour ist. Sie erlebte, wie sie im Gespräch mit einem Youtuber wegen ihrer im Vergleich zu ihm geringeren Followerzahl für ihn uninteressant wurde.
Weitere Gedanken zu dem Thema hat Laura von
The Limits of Control schon im Mai veröffentlicht,
und sie kommt zu demselben Ergebnis wie Masha und Angela: ein Blog mit
mehr Followern = ein vermeintlich besserer Kooperationspartner. Und auch
hier war ich schon erschrocken, denn auch Lauras Blog zähle ich zu den
bekannteren in der deutschen Blogosphäre. Auch Valerie von
Simple et Chic hat diese Woche
etwas zu dem Thema veröffentlicht. Bei ihr geht es auch um die
Oberflächlichkeit in der Mode-/Bloggerwelt, ganz aktuell am Beispiel der Berlin Fashion Week.
Meinen Blog gibt es seit Januar 2008, deswegen bin ich in relativ vielen Presseverteilern und komme trotz meiner geringen Reichweite manchmal in den Genuß, zu Events eingeladen zu werden oder Produkte zugeschickt zu bekommen. Ich bin aber zum Beispiel nicht bei Facebook, weder privat, noch mit meinem Blog. Ich halte Facebook (und neuerdings auch Snapchat!) für völlig überbewertet. Das war übrigens auch schon meine Meinung zu StudiVZ, da war ich auch nicht. Schon dadurch gehen mir viele Kooperationen "verloren", die auf Facebook abzielen.
Für mich kam es aber
NIE in Frage, mir
Follower zu kaufen. Einfach aus dem Grund, dass es im Internet für alle frei zugängliche
Tools gibt, mit denen man
überprüfen kann, ob eine Website wirklich so viele Leser hat, wie sie vorgibt. Man tippt dazu z.B. bei
alexa.com eine URL ein und schon wird der Traffic der Seite angezeigt. Mal abgesehen von der Peinlichkeit, die gefakte Zahlen verursacht, stelle ich als Juristin mir die Frage nach einer eventuellen Betrugsstrafbarkeit und zivilrechtlicher
Haftung, wenn aufgrund falscher Zahlen (geldwerte!) Kooperationen eingegangen werden.
Ich kann übrigens auch ein passendes Erlebnis von der Fashion Week beisteuern. Es fand witzigerweise auf dem Fashionbloggercafe statt. Dort ist es das Ziel der Veranstalter, Marken und Blogger zusammenzubringen. Als ich darauf wartete, mir an einem Stand die Fingernägel lackieren zu lassen (my guilty pleasure...), bekam ich das Gespräch der PR-Dame einer anwesenden Firma und einer Bloggerin mit. Mir genügte es, Folgendes zu hören, um jegliche Aktivitäten bezüglich einer Kontaktaufnahme mit der Marke einzustellen, bevor ich sie begonnen hatte:
Also unter 5000 Followern [wohl bei Instagram] ist ein Blogger
für uns als Marke nicht interessant.
[Ganz wörtlich kann ich das Gespräch nicht wiedergeben, aber der Inhalt kommt sehr nahe an das heran, was ich hier getippt habe]
BÄM. Wo auch immer die 5000 Follower herkommen sollen, ich komme auf all meinen Social Media-Kanälen zusammen nicht auf diese Zahl. Das ist auch gar nicht schlimm, denn ich habe diesen Blog begonnen, um meine Leidenschaft für Mode mit Menschen zu teilen, die genau so denken wie ich. Inzwischen haben sich meine Interessenfelder erweitert und meinen Blog habe ich auf dieser "Reise" immer mitgenommen. Natürlich hätte ich gerne mehr Kommentare und ich schaue oft auch neidisch auf Blogs, die für einen Post so viel Resonanz bekommen wie ich für 25 Blogeinträge zusammen.
Aber andererseits ist der Blog "nur" mein Hobby, nicht mein Beruf. Und ich finde, ich habe schon verdammt viel Glück gehabt, dass ich durch ihn in den Genuß von Dingen komme, die ich mir nie hätte träumen lassen. Die Besuche auf der Fashion Week und glitzernden Events mit teurem Catering, Schuhe, Kleidung, Schmuck und Kosmetik geschenkt zu bekommen - all das verdanke ich meinem Blog. Und deshalb kann ich verstehen, warum es immer mehr Blogs gibt. Die Menschen sehen, was für Möglichkeiten ein Blog eröffnet - und wollen das für sich selbst auch gerne. Mittlerweile bin ich online schon öfter über Foren gestolpert, in denen sich darüber ausgetauscht wird, welche Firmen man wie anschreiben muss, um gratis Produkte zugeschickt zu bekommen. Mir ist das auch eigentlich total egal, aber irgendwie finde ich, dem Bloggen ist die Leichtigkeit abhanden gekommen.
Wer bloggt denn heute noch zum Spaß und einfach drauflos? Ich selbst habe mich in den letzten Monaten oft dabei erwischt, dass ich Artikel so gestaltet habe, wie ich glaubte, dass ihr als Leser sie irgendwie erwarten und mögen könntet. Zu einem gewissen Teil macht das natürlich jeder Blogger so, aber was ich meine, geht weit darüber hinaus. Ich habe immer gedacht: könnte ich jetzt so ein bisschen mehr Traffic auf den Blog lenken? Könnte mir das dann mehr Möglichkeiten eröffnen, was die Zusammenarbeit mit Firmen und interessanten Content angeht?
Und dann kam ein
negativer Kommentar: dass ich zu viele Kooperationen mit zu unterschiedlichen, teilweise unpassenden Unternehmen machen würde. Die kleine Diskussion dazu könnt ihr
unter diesem Artikel gerne nachlesen - auf jeden Fall war das für mich wie ein Weckruf, mich zurück darauf zu besinnen, weshalb ich diesen Blog gegründet habe. Ich stehe weiterhin zu den Artikeln, die in Kooperation mit Firmen zustande gekommen sind, denn
ich teste nur Dinge, die mich wirklich interessieren. Alles andere wäre schon deshalb Quatsch, weil es einfach
zu viel Zeit kostet. Als Nicht-Blogger mag man es nicht glauben wollen, aber das Verfassen eines durchschnittlichen Artikels dauert bei mir etwa anderthalb Stunden. Bilder müssen fotografiert und editiert werden, Texte geschrieben und das Layout des Posts perfektioniert werden.

Was will ich nun mit diesem sehr langen Post sagen? Ich finde es schade, wie sich die (Mode-)Bloggerszene verändert hat. Wie sagt meine Omi gerne: "Früher war alles besser!" Früher kannte man sich noch, es gab nur ganz wenige Modeblogger und die hielten zusammen. Es wurde immer fleißig bei den anderen kommentiert und war ungezwungen. Man war einfach nett zueinander - wenn ich heute darüber so schreibe, komme ich mir vor, als würde ich eine Einleitung für eine Folge der Glücksbärchis verfassen.
Mir fällt nicht mal ein gescheiter Lösungsansatz ein, ich weiß eins aber ganz sicher: ich möchte nicht in die Nähe solcher Personen gestellt werden, die andere nach ihren Zahlen beurteilen. Das sind auch die Menschen, die einem die Hand geben und sich dann im besten Fall mit einem Augenrollen umdrehen. Im schlimmsten Fall werden mit Umstehenden noch Kommentare über Gewicht, Aussehen oder sonstige vermeintliche Makel der Person ausgetauscht. Diese Spezies würde ich "Teilzeit-Kannibalen" nennen: ist man diesen Personen irgendwie nützlich ("Ach, du stehst auf der Gästeloste? Kannst du mich mitnehmen?"), wird man geduldet, ansonsten wird man gefressen.
Und weil dieser Post nun schon sehr lang ist und ich zwar endlos weiterschreiben könnte, aber mir das lieber für eine Fortsetzung aufheben möchte, beende ich diesen Artikel mit einem Spruch, den ich ganz passend für das Thema finde: